Was wäre ein Film nur ohne
Musik?! Wie notwendig ist doch die passende musikalische Begleitung, um
der Spannung des Films ihren wahren Glanz zu verleihen. Was wären
Liebesszenen ohne den schwebenden Klang der Streicher, was Kämpfe und
Duelle ohne den martialischen Sound der Blechbläser, was wären Trauer
und Melancholie ohne der sanften Melodie des Klaviers? Ja, Filmmusik ist
notwendig und bereichernd, um Szenen zusätzliche Tiefe zu verleihen.
Und manchmal, wenn diese Musik besonders gelungen und eingängig ist,
erlangt diese über den Film hinaus Bekanntheit und wird ein Teil unserer
Populärkultur:
Schließlich
weiß heutzutage jedes Kind, wie es klingt, wenn sich ein weißer Hai
nähert, wenn ein Archäologe mit Peitsche und Hut verlorene Schätze
sucht, wenn ein britische Geheimagent Weltherrschaftspläne anderer
vereitelt, wenn ein metrosexueller Pirat durch die Meere kreuzt oder
wenn eine Frau unter der Dusche erstochen wird.
Diese
Melodien sind sehr populär und leicht wiederzuerkennen, auch wenn die
Filme selbst nicht gesehen wurden. Was aber wenige wissen, ist, dass
sich ziemlich alle populären Filmthemen aus der Klassischen Musik
ableiten lassen. Und genau davon soll die Rubrik "Film und Klassik" bei
Sölkners Klassik-Kunde handeln!
Im heutigen Beitrag für diese Rubrik wird es lasziv,
erotisch, exotisch, anrüchig und temperamentvoll!
Nein, es geht nicht Zwölftonmusik, wir widmen uns dem Tango!!!!
Nein, es geht nicht Zwölftonmusik, wir widmen uns dem Tango!!!!
Es geht um den wohl berühmtesten Tango der Welt: „Por una
cabeza“. Der südamerikanische Komponist und Sänger Carlos Gardel
(1890-1935) komponierte ihn für den Film „Tango-Bar“. Darin geht
es um einen spielsüchtigen Mann, der sein Hab und Gut bei einem
Pferderennen verliert, da sein Pferd bei der Ziellinie um eine
Kopflänge (span. „por una cabeza“) hinter dem Gewinner gelegen
ist. In dem Tango vergleicht dieser besessene Mann seine krankhafte
Spielsucht mit der sexuellen Anziehung einer Frau.
Die
Musik tut das Ihre, diesen Drang, diese Leidenschaft auch uns direkt
zu vermitteln:
Tragisches
Detail am Rande: Der Sänger und Komponist Gardel verstarb gemeinsam
mit dem Textdichter dieses Tangos etwa eine Woche vor der
Uraufführung des Films bei einem Flugzeugunglück. Beide erlebten
die Erfolgsgeschichte des Tangos nicht mehr, doch diese war immens!
Er wurde derart populär, dass er in etlichen (und nicht den
unbekanntesten) Filmen als Musik verwendet wurde: „Schindlers
Liste“, „True Lies“, „Der Duft der Frauen“, „Titanic“,
… (um nur einige zu nennen).
Doch
jeder, der sich (wie ich) bei den leidenschaftlichen Klängen eine
heißblütige, laszive, spanisch sprechende Frau vorstellt, der sei
mit dieser Vorstellung glücklich und sollte hier zum Lesen aufhören.
-
Der
Ursprung der Melodie liegt ganz wo anders! Sie wurde von einem Mann
komponiert, der zweifellos musikalisches Talent besaß, aber
keineswegs als großer Tango-Komponist in die Musikgeschichte
eingegangen ist. Es handelt sich um einen Mann, der wohl weniger
spanisch sprach, sondern eher bevorzugte, mit derbem salzburgischen
Dialekt zu fluchen. Es ist kein Geringerer als Wolfgang Amadeus
Mozart (1756-1791).
Man
höre sich einfach folgendes nettes (doch eher harmloses) Rondo für
Violine und Orchester, KV373 an. (Ein kleiner Tipp: bei Minute 3:36
etwas genauer hinhören!)
Warum
diese Melodie auf einmal in Mozarts Werk auftaucht, weiß keiner, und
nach 12 Sekunden ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Dass
dieses Stück vor Gardels Tango entstand, gilt in der modernen
Musikwissenschaft als unumstritten. Dass Gardels Version aber Mozart
in dieser Hinsicht an Popularität geschlagen hat, bedarf keiner
Erklärung.
Ich
bitte dennoch darum, mit dieser Information vorsichtig umzugehen, da
vor allem die Südamerikaner den Tango als ihre eigene Errungenschaft
sehen. Das mag bezüglich des Tanzens sicher auch stimmen, dennoch
wissen wir jetzt, dass bei so mancher Tango-Melodie auch Mozart seine
Finger im Spiel hatte.
Diese
Wunderkinder können es einfach nicht lassen ...
Sensationell!!! Die Hintergrundinformation zu dem Lied hat mir echt gefehlt, toll das von dir zu lesen! :)
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