Dienstag, 26. November 2013

„Film und Klassik – Tango!!!“


Was wäre ein Film nur ohne Musik?! Wie notwendig ist doch die passende musikalische Begleitung, um der Spannung des Films ihren wahren Glanz zu verleihen. Was wären Liebesszenen ohne den schwebenden Klang der Streicher, was Kämpfe und Duelle ohne den martialischen Sound der Blechbläser, was wären Trauer und Melancholie ohne der sanften Melodie des Klaviers? Ja, Filmmusik ist notwendig und bereichernd, um Szenen zusätzliche Tiefe zu verleihen. Und manchmal, wenn diese Musik besonders gelungen und eingängig ist, erlangt diese über den Film hinaus Bekanntheit und wird ein Teil unserer Populärkultur:

Schließlich weiß heutzutage jedes Kind, wie es klingt, wenn sich ein weißer Hai nähert, wenn ein Archäologe mit Peitsche und Hut verlorene Schätze sucht, wenn ein britische Geheimagent Weltherrschaftspläne anderer vereitelt, wenn ein metrosexueller Pirat durch die Meere kreuzt oder wenn eine Frau unter der Dusche erstochen wird.

Diese Melodien sind sehr populär und leicht wiederzuerkennen, auch wenn die Filme selbst nicht gesehen wurden. Was aber wenige wissen, ist, dass sich ziemlich alle populären Filmthemen aus der Klassischen Musik ableiten lassen. Und genau davon soll die Rubrik "Film und Klassik" bei Sölkners Klassik-Kunde handeln!

Im heutigen Beitrag für diese Rubrik wird es lasziv, erotisch, exotisch, anrüchig und temperamentvoll!

Nein, es geht nicht Zwölftonmusik, wir widmen uns dem Tango!!!!



Es geht um den wohl berühmtesten Tango der Welt: „Por una cabeza“. Der südamerikanische Komponist und Sänger Carlos Gardel (1890-1935) komponierte ihn für den Film „Tango-Bar“. Darin geht es um einen spielsüchtigen Mann, der sein Hab und Gut bei einem Pferderennen verliert, da sein Pferd bei der Ziellinie um eine Kopflänge (span. „por una cabeza“) hinter dem Gewinner gelegen ist. In dem Tango vergleicht dieser besessene Mann seine krankhafte Spielsucht mit der sexuellen Anziehung einer Frau.

Die Musik tut das Ihre, diesen Drang, diese Leidenschaft auch uns direkt zu vermitteln:




Tragisches Detail am Rande: Der Sänger und Komponist Gardel verstarb gemeinsam mit dem Textdichter dieses Tangos etwa eine Woche vor der Uraufführung des Films bei einem Flugzeugunglück. Beide erlebten die Erfolgsgeschichte des Tangos nicht mehr, doch diese war immens! Er wurde derart populär, dass er in etlichen (und nicht den unbekanntesten) Filmen als Musik verwendet wurde: „Schindlers Liste“, „True Lies“, „Der Duft der Frauen“, „Titanic“, … (um nur einige zu nennen).

Doch jeder, der sich (wie ich) bei den leidenschaftlichen Klängen eine heißblütige, laszive, spanisch sprechende Frau vorstellt, der sei mit dieser Vorstellung glücklich und sollte hier zum Lesen aufhören. -

Der Ursprung der Melodie liegt ganz wo anders! Sie wurde von einem Mann komponiert, der zweifellos musikalisches Talent besaß, aber keineswegs als großer Tango-Komponist in die Musikgeschichte eingegangen ist. Es handelt sich um einen Mann, der wohl weniger spanisch sprach, sondern eher bevorzugte, mit derbem salzburgischen Dialekt zu fluchen. Es ist kein Geringerer als Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791).

Man höre sich einfach folgendes nettes (doch eher harmloses) Rondo für Violine und Orchester, KV373 an. (Ein kleiner Tipp: bei Minute 3:36 etwas genauer hinhören!)




Warum diese Melodie auf einmal in Mozarts Werk auftaucht, weiß keiner, und nach 12 Sekunden ist der ganze Spuk auch schon wieder vorbei. Dass dieses Stück vor Gardels Tango entstand, gilt in der modernen Musikwissenschaft als unumstritten. Dass Gardels Version aber Mozart in dieser Hinsicht an Popularität geschlagen hat, bedarf keiner Erklärung.

Ich bitte dennoch darum, mit dieser Information vorsichtig umzugehen, da vor allem die Südamerikaner den Tango als ihre eigene Errungenschaft sehen. Das mag bezüglich des Tanzens sicher auch stimmen, dennoch wissen wir jetzt, dass bei so mancher Tango-Melodie auch Mozart seine Finger im Spiel hatte.

Diese Wunderkinder können es einfach nicht lassen ...

1 Kommentar:

  1. Sensationell!!! Die Hintergrundinformation zu dem Lied hat mir echt gefehlt, toll das von dir zu lesen! :)

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