Samstag, 28. Mai 2016

"Mozart und Rilke - Auf den Tod eines Freundes"

 

 

Der Tod eines geliebten Menschen ist ein einschneidendes Erlebnis - vor allem für jene, die zurückbleiben. Hinterbliebene werden sich hierbei der Endlickeit des Daseins bewusst und stehen staunend und trauernd vor etwas nicht wirklich Fassbarem, etwas Endgültigem. So ging es wohl auch Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und Rainer Maria Rilke (1875-1926) als sie von liebgewonnenen Menschen scheiden mussten. Für den einen war es die Baronin von Uexküll, für den anderen der Graf von Hatzfeld. Beide verarbeiteten ihre Gefühle in ihrem Schaffen. Beide reagierten kompromisslos mit Kunst. Doch während der eine ein Gedicht, eine nahezu barocke Allegorie über Leben und Tod als Spiel auf einer Weltbühne verfasst, spielt der andere tatsächlich: Und zwar auf dem Klavier in Form eines stillen Bekenntnisses. Dies geschieht auf so entwaffnend direkte Weise, dass er seine Gefühle nicht nur verarbeitet, sondern sogar mit uns teilt.

 

"Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das
nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,
Bewunderung und Liebe oder Hass
dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund

tragischer Klage wunderlich entstellt.
Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.
Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,
spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.

Doch als du gingst, da brach in diese Bühne
ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt
durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,
wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.

Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes
hersagend und Gebärden dann und wann
aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein kann

uns manchmal überkommen, wie ein Wissen
von jener Wirklichkeit sich niedersenkend,
so dass wir eine Weile hingerissen
das Leben spielen, nicht an Beifall denkend."


"Todes-Erfahrung" von Rainer Maria Rilke, 1907, Capri






"Rondo in a-Moll" KV 511 von Wolfgang Amadeus Mozart, 1787, Wien