Montag, 17. März 2014

"Purcell - Der versteckte Großmeister"


Es gibt Komponisten, die bleiben in unserem Bewusstsein, weil ihre Musik einfach omnipräsent ist. Dann gibt es wieder Komponisten, von denen man noch nie gehört hat und dies nur achselzuckend zur Kenntnis nimmt. Doch dann gibt es jene, von denen ein einziges Werk, das in unsere Populärkultur gedrungen ist, ausreicht, um fasziniert deren Gesamtwerk entdecken zu wollen.

Und einer dieser unbekannteren, aber ganz großen (vielleicht sogar größten) Komponisten ist Henry Purcell (1659-1695). Wir befinden uns nach seinen Lebensdaten also in der Welt des schönsten englischen Barocks!


Keine Sorge, der nette Herr auf dem Bild ist nicht Purcell, aber mit Sicherheit der Grund, weshalb er heute wieder einem größeren Publikum bekannt ist.

Er würde einer jüngeren Generation kaum etwas sagen, wäre da kein Geringerer als Stanley Kubrick (1928-1999), der Purcells Musik durch perfekte szenische Eingliederung in sein filmisches Meisterwerk "Clockwork Orange" ("Uhrwerk Orange") aus dem Jahre 1971 zu Weltruhm und zu einer neuen Renaissance geführt hätte:





Purcells Original wurde 1695 zum Begräbnis von Queen Mary II. gespielt (und wenig später zu seinem eigenen).

Das Original ohne Kubricks Bildgewalt (und Synthesizer) ist nicht weniger ergreifend:




Doch wer war dieser Purcell? War er ein klassisches One-Hit-Wonder?

Mitnichten! Gute Musik in seinem Gesamtwerk zu finden ist genauso schwer wie gute Sauvignon Blancs in der Südsteiermark oder rauchige Whiskys auf der Insel Islay der inneren Hebriden.

Ein wunderbares Beispiel seiner tiefsinnigen Instrumentalmusik ist die Chaconne in g-Moll:




Doch besonders bahnbrechend war Purcell auf dem Gebiet der Oper, auch wenn er nur eine einzige "echte" Oper geschrieben hatte: "Dido and Aeneas" (1688/89). Allein das instrumentale Zwischenspiel folgender Arie ist unanfechtbar genial und könnte von Insidern als Passacaglia identifiziert werden:




Doch es sind Arien wie "When I am laid in Earth" aus der gleichen Oper, die Purcell zu einem der ergreifendsten und sensibelsten musikalischen Geistern seiner Zeit machten. Manche Musikkritiker sagen sogar, dass hier das erste Mal in der Geschichte der Musik volle Entfaltung erreicht wurde:




Herzergreifend, nicht wahr?

Doch Purcell hat auch weniger jenseitige Musik geschrieben. Dies beweist er in seiner wunderbaren Arie "Halcyon days, now wars are ending" aus seiner Semi-Oper "The Tempest" (1695). Und diesen seligen Frieden strahlt diese Arie auch mit jedem Takt aus.




Die für mich ergreifendste Arie (ebenfalls aus "The Tempest") ist eine sehr schlichte, einfach gebaute, die allerdings von ihrer Wirkung her nicht tiefer sein könnte. Es handelt sich um reine Musik, die das Wesentliche auszudrücken vermag:




Was bleibt also von Purcell?

Vielleicht die Ahnung, dass eine Generation vor weiteren barocken Großmeistern wie Johann Sebastian Bach (1685-1750) und Georg Friedrich Händel (1685-1759) ein großer Geist lebte, welcher ein Feld fruchtbar machte, das später nicht nur Früchte tragen sollte, sondern die schönsten Perlen der klassischen Musik zu ernten erst ermöglichte. 






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