Montag, 3. Februar 2014

„Humor in der Klassik - Teil 2 – Politische Farce im symphonischen Gewand“


Dimitri Schostakowitsch (1906-1975) hatte es nicht leicht, als er in den Jahren 1944/45 an seiner 9. Symphonie arbeitete. Der Grund dafür war, dass der Begriff „der Neunten“ seit Ludwig van Beethoven (1770-1827) sehr monumental sowie heroisch besetzt und dadurch mit unglaublich hohen Erwartungshaltungen belastet ist. Dass Anton Bruckner (1824-1896) und Gustav Mahler (1860-1911) ebenfalls gigantische 9. Symphonien geschrieben hatten, machte die Sache für Schostakowitsch nicht leichter.


Der arme Schostakowitsch hatte allerdings noch unter einer weiteren Last zu leiden. In den Jahren 1944/45 zeichnete sich bereits der Sieg der Sowjetunion gegenüber dem Dritten Reich ab und die Sowjetführung (allen voran Josef Stalin) erwartete eine heroische 9. Symphonie, die den Triumph der Sowjets preist.

Wie Schostakowitsch dieses Dilemma löste, gehört zu den witzigsten und eigensinnigsten Weisen in der klassischen Musik: Er ignorierte die historischen Kollegen sowie die zeitgenössischen Erwartungen und schrieb eine geistreiche symphonische Persiflage, welche die Haltung der politischen Führung karikieren sollte.

Das drückt sich bereits bei der Wahl der Tonart aus: Es-Dur. Traditionell sind die monumentalen 9. Symphonien mit d-Moll besetzt. Die Es-Dur Tonart ist somit einen Halbtonschritt „daneben“. Und dieses „Daneben“ ist Programm der Symphonien. Es werden falsche Noten eingestreut, skurrile Dynamiken verwendet und harmonische Wendungen benutzt, die spöttischer nicht sein könnten.

Als Hauptthema erscheint in Minute 0:41 des ersten Satzes ein heroisches Marschthema als groteske Zirkusmelodie und führt so jede militaristische Ambition ins Absurde.

So hatte sich die Sowjetführung die musikalische Begleitung zu ihrem triumphalen Sieg im Zweiten Weltkrieg nicht vorgestellt:




Man höre als Vergleich die ersten Sätze von Beethovens, Bruckners und Mahlers 9. Symphonie. Feine Ohren erkennen sofort die pathetischen Abweichungen!

Mit dieser heroischen Verhöhnung konnte das Stalin-Regime nicht umgehen und belegte Schostakowitsch mit Aufführungsverbot und Ächtung. Schostakowitsch ging darauf in innere Emigration und arbeitete geheim an seiner 10. Symphonie, welche seine Abrechnung mit Stalin werden sollte.


Schostakowitschs großer Moment kam 1953 nach Stalins Tod …


Doch das ist eine Geschichte, die nichts mehr mit „Humor in der Klassik“ zu tun hat!


Somit sei dieser Artikel hier beendet!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen